Symbolbild: Neuankömmlinge gehen in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) zu ihrem Quartier. Die LEA ist für viele Geflüchtete der erste Anlaufpunkt in BadenWürttemberg, bevor sie auf die Gemeinden im Land verteilt werden.

SWR1 Interview mit Koblenzer OB Langner

Zum Flüchtlingsgipfel: Das Geld reicht nach wie vor nicht

Stand
MODERATOR/IN
Claudia Deeg
Claudia Deeg

Die Streitfrage scheint geklärt zu sein: Wer zahlt wie viel für die Unterbringung, Versorgung und Integration den Geflüchteten? Der Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt kam zum Ergebnis, dass es dieses Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich dafür gibt. Weitere Detailfragen sollen im November geklärt werden.

Über die Entscheidungen haben wir mit dem Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD) gesprochen.

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SWR1: Sie haben im SWR1 Interview schon gesagt "Wir kriegen die Versorgung der Geflüchteten hier gerade noch so gestemmt". Schaffen Sie das noch bis November oder wie angespannt ist die Lage?

David Langner: Das hängt natürlich von den weiteren Zahlen ab. Momentan schaffen wir es noch. Für Koblenz sind wir aber in der Tat am Anschlag. Und ich weiß von anderen Kommunen in Rheinland-Pfalz, dass sie eigentlich schon darüber hinaus sind.

SWR1: Im Moment heißt es, dass von der zusätzlichen Milliarde des Bundes rund 50 Millionen nach Rheinland-Pfalz gehen. Wie viel kommt dann am Ende bei Ihnen in Koblenz an?

Langner: Das muss man sich dann einmal genau anschauen. Ich glaube, es ist schon gut, dass der Bund sich, gegen die bisherigen Erwartungen, bewegt hat. Auf der anderen Seite denke ich, reicht das Geld nach wie vor nicht.

Für Koblenz sind wir in der Tat am Anschlag. Und ich weiß von anderen Kommunen in Rheinland-Pfalz, dass sie eigentlich schon darüber hinaus sind.

SWR1: Der Landkreistag hat gesagt, dann muss jetzt das Land einspringen. Sehen Sie das auch so?

Langner: Wir werden natürlich mit dem Land im Gespräch sein. Er ist unser Ansprechpartner, und das werden wir mit dem Land diskutieren. Da hat es auch Aussagen von der Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gegeben, dass man im Dialog bleibt. Klar ist einfach, es ist eine Aufgabe, die uns vom Bund aufgetragen wird und an der die Kommunen nichts ändern können. Insofern erwarten wir natürlich auch, dass es auskömmlich finanziert wird.

SWR1: Jetzt hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) schon gesagt, sie sei mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden. Interpretieren Sie es so, dass vom Land noch Geld zu erwarten ist?

Langner: Das schauen wir uns an. Ich denke, das hängt auch an den Zahlen der Flüchtlinge, die zu uns kommen werden. Das Gespräch wird stattfinden und wir werden vonseiten der Kommunen deutlich machen, wenn der Bund mit den Ländern so verhandelt hat, dass die Länder natürlich auch für das Ergebnis mit geradestehen. Sollte es für die Kommunen eine Lücke geben, kann man schon erwarten, dass sich das Land überlegt, wie man sie schließen kann.

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SWR1: Jetzt soll das Geld, das vom Bund kommt, vor allem für die Digitalisierung der Ausländerbehörden eingesetzt werden. Müssen Sie sich auch an ihre eigene Nase fassen und sagen, da haben wir auch einiges verschlafen, und deshalb sind wir zu langsam in den Asylverfahren?

Langner: Wir können rückblickend sehen, dass wir eigentlich immer sehr schnell und zügig waren. Häufig liegt es einfach auch an der Technik und an dem Support, den wir vom Bund und vom Land entsprechend brauchen. Ich glaube, dass die Kommunen das sehr schnell umsetzen können, auch gerade was die Frage der Digitalisierung dem Bereich anbelangt.

SWR1: Es geht ums Geld, aber liegen die Probleme auch woanders? Sie haben uns neulich im Interview gesagt, wenn noch mehr Menschen kommen, wird es nicht mehr hinhauen.

Langner: Ja, das ist natürlich eine Frage der Platzkapazitäten, die einfach ausgereizt sind. Und es ist auch eine Frage der Betreuung. Wir wollen ja den Menschen eine Integration anbieten. Wir wollen sie in unserer Gesellschaft einbinden. Das gelingt nur, wenn das entsprechende Personal da ist. Das haben wir momentan auch nicht mehr in ausreichender Zahl.

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.

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